Ruine der Burg Amuda, einem Geschenk König Leo II. an den Deutschen Orden.





Die Reise geht weiter durch Kleinarmenien und Zypern
{1211 bis 1212}

Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - eines bedeutenden Langensalzaers - Teil 9

Die kaiserliche Gesandtschaft mit Hermann von Salza und Wilbrand von Oldenburg hatte sich in Tripolis von den Strapazen der bisherigen Reise gut erholen können. Die Burg von Tripolis war eine gewaltige Festung. Sie war schon 1104 von Kreuzfahrern unter dem Befehl ihres Anführers Raymond de Saint-Gilles erbaut worden. Bei Steven Runciman, aus dessen Buch "Geschichte der Kreuzzüge" ich bereits öfters zitiert habe, können wir dazu lesen: "Raimund [VI.] blieb entschlossen, Tripolis selbst zu erobern. Während der letzten Monate des Jahres 1103 schlug er sein Feldlager in den Vororten der Stadt auf und begann, auf einer Anhöhe, einige drei Meilen landeinwärts, eine riesige Burg zu erbauen. Kurz zuvor hatte er den Byzantinern zu Gefallen versucht, Tankred (das war ein rivalisierender Kreuzritter) von Lakatia abzulenken. Als Gegenleistung lieferten die Byzantiner ihm jetzt aus Zypern Baumaterial und gelernte Steinmetzen. Im Frühjahr 1104 war die Burg fertiggestellt, und Raimund hatte sie bezogen." So einfach war das damals! Über hundert Jahre später besuchte die kaiserliche Gesandtschaft diese Gegend, um den Kreuzzug Kaiser Ottos IV. vorzubereiten. "Von Tripolis ging es zu Pferde weiter. Der Abschied vom Schiff, das für die Menschen des Mittelalters immer ein qualvoller Aufenthalt gewesen ist, wird den Männern nicht schwergefallen sein. Auf dem Pferde fühlte man sich viel wohler, und so ging es nun mit frischen Kräften an zwei von den Sarazenen zerstörten Orten vorbei." Soweit wieder Willy Cohn. Nördlich von Tripolis ist in der heutigen Zeit das Grenzgebiet zwischen dem Libanon und Syrien. Die nächste heute syrische Stadt, die besucht wurde, war Tartus. Zuvor war man an dem Kreuzfahrerkastell Safita vorbeigekommen. Wilbrand erwähnt in seinem Bericht, dass diese Burg an das Gebiet des "Alten vom Berge" grenzt, "welcher unsere Fürsten von seinen Sendboten erdolchen zu lassen pflegt." Hermann von Salza hatte mit den Assassinen diese Probleme wohl nicht. Es ist bekannt, dass auch sein späterer Freund und Auftraggeber Kaiser Friedrich II. mit dem Alten vom Berge befreundet war. Mitten im heutigen Syrien lag damals die Grenze zwischen dem Königreich Jerusalem und dem Fürstentum Antiochia. Um dann doch schneller voranzukommen, wurde wieder das Schiff genutzt. Am 22. November 1211 kam man im Hafen von Antiochia an . Wilbrand berichtet von einer großen Mondfinsternis, die in dieser Nacht herrschte. Daher dieses genaue Datum. Antiochia ist das heutige Antakya in der türkischen Provinz Hatay. Besonders erwähnenswert war für Wilbrand, dass in dieser Stadt die Eingeweide Kaiser Friedrichs I. (Barbarossa) beigesetzt waren. In heutigen Reisekatalogen wird über Antakya davon geschrieben, dass sich hier in der Petrusgrotte die erste Kirche der christlichen Welt befunden haben soll. Von Antiochia reiste die Gesandtschaft zu Pferde weiter nach Kilikien oder auch Kleinarmenien genannt, dessen König Leo II. ein sehr gutes Verhältnis zu den Deutschen hatte. Hier brauchte man auch keine Angst vor den Sarazenen haben. Kilikien war ein Land mit gemischter Bevölkerung, in dem aber die Christen die Vorherrschaft hatten. Über die Zusammenhänge zwischen Deutschland und dem damaligen Armenien schreibt Willy Cohn in seiner Biographie "Hermann von Salza": "Dieses Land hatte in der Kreuzzugspolitik der deutschen Kaiser eine wesentliche Rolle gespielt. Es mußte ein wichtiger Stützpunkt für alle Züge sein, die man auf dem Landwege nach Palästina unternehmen wollte. So setzte sich auch das Papsttum für die Pflege der Beziehungen mit Kleinarmenien ein, und der Katholikos, das Oberhaupt der dortigen Kirche, stand im regen Briefwechsel mit den wechselnden Päpsten. Das Heer Friedrich Barbarossas war vom Tode des Verhungerns durch König Leo II. gerettet worden, und zum Dank dafür sollte der König feierlich vom Kaiser gekrönt werden. Der tragische Tod Barbarossas machte dies unmöglich, aber im Jahre 1198 wurde dann die Krönung Leos durch den Erzbischof Konrad von Mainz vollzogen." An dieser Krönung nahmen auch Landgraf Hermann I. von Thüringen und in seiner Begleitung Hermann von Salza teil. Ich habe im Teil 3 darüber berichtet, auch darüber, dass Hermann von Salza 1203 für König Leo beim Papst Innozenz in Rom war. So nimmt es nicht wunder, dass Hermann von Salza bei der Feier zum Jahrestag der Krönung König Leos, am 6. Januar 1212 in der kilikischen Hauptstadt Sis, wie Wilbrand schreibt: "sich in unmittelbarer Nähe des Königs befand, ein Beweis, dass er von demselben wohlgelitten war." In der Zeitschrift "Oriens Christianus" von 2001 hat Peter Halfter in seinem Artikel über das Itinerarium des Wilbrand von Oldenburg dieses Ereignis beschrieben: "Ein besonderes Glanzlicht bei der Darstellung armenischen Brauchtums ist ihm (Wilbrand) mit der Schilderung der großen Prozession am Epiphaniastag in Sis gelungen. Leon persönlich führte hoch zu Roß die Prozession an, flankiert von Hermann von Salza und dem Johanniterkastellan von Saleph, gefolgt von tausend Ordensrittern. Raimund-Roupen als rex iunior folgte an der Spitze des einheimischen Adels und der Ritterschaft". Wilbrand bezeugt auch ausdrücklich, dass König Leo die Deutschen immer geliebt hat. Für Hermann von Salza und den Deutschen Orden konnte sich das Ergebnis der Reise nach Kilikien sehen lassen. König Leo schenkte ihnen die Burg Amuda am östlichen Eingang der Kilikischen Ebene mit vier dazugehörigen Landgütern. Amuda wird bei anderen Autoren auch Adamodana oder Amudain genannt. Außerdem erhielt der Orden das Lehen Cambethfort bei Tarsos, der Geburtsstadt des Apostel Paulus. Ganz besonders war man auf die vielen von Leo II. erhaltenen Privilegien stolz. Wenn man dem Reisebericht Wilbrands folgt, hat Hermann von Salza auf dieser Reise die Neuerwerbungen besucht und in Besitz genommen. Der Aufenthalt in Kilikien wird zwei bis drei Monate gedauert haben. Dann bestieg die Reisegesellschaft wieder die Pferde um zum Meer zu reiten. Man erreichte es im Frühjahr 1212 in der Seestadt Korykos, "wo die deutsche Gesandtschaft sich lebhaft an das traurige Schicksal König (?) Barbarossas erinnerte, der zwei Meilen von dort entfernt bei der Burg Seleph im Kalykadnus seinen Tod gefunden hatte" (Willy Cohn). In Korykos gibt es heute ein Hotel Barbarossa und eine Gedenktafel erinnert an dieses geschichtsträchtige Ereignis. Von Korykos aus wurde mit einem Schiff die nächste Station dieser Reise angesteuert. Lassen wir dazu wieder Willy Cohn zu Wort kommen: "Die Reise nach Cypern hatte für Hermann von Salza auch die Bedeutung, nach den dortigen Besitzungen des Deutschordens zu sehen und gegebenenfalls günstige Privilegien zu erhalten. Die Expedition landete in Kerynia". Das ist heute die Hafenstadt Girne in Nordzypern, dem türkischen Teil der Mittelmeerinsel. Auch Zypern erinnerte die Reisegesellschaft an die Verbindungen zu Deutschland. 15 Jahre zuvor, 1197, hatte Konrad von Querfurt, Bischof von Hildesheim und Kanzler Heinrichs VI., im Auftrag des Kaisers, Amalrich von Lusignan in Nicosia zum König von Zypern gekrönt. Konrad von Querfurt zog danach weiter nach Akkon und war 1198 bei der Gründung des Deutschen Ordens zugegen. Es ist für Thüringen durchaus nicht unwichtig, dass die Mutter Konrads von Querfurt, Mathilde von Gleichen, die Tochter des Grafen Lampert I. von Tonna war. Die kaiserliche Gesandtschaft reiste von Girne ins Landesinnere, in die Hauptstadt Nicosia, wo sie den jungen König Hugo I., den Sohn Amalrich I., in seinem Palast besuchten. Willy Cohn bedauert in seinem Buch, dass keinerlei Hinweise in dem Reisebericht Wilbrands über die politischen Ergebnisse des Zypernbesuchs zu finden sind. Bemerkenswert ist jedoch der Hinweis auf eine Begebenheit während des Besuches, in dem es heißt: "Das nächste Reiseziel war eben diese Stadt Nicosia, die südlich der Hafenstadt Kerynia (Girne) im Inneren des Landes gelegen ist. Hier hat Hermann von Salza zum ersten Male in seinem Leben einen Vogel Strauß gesehen, der sich im königlichen Palast befand." Die Reisegesellschaft muss sich dann entschlossen haben, recht schnell von Zypern nach Palästina zurückzukommen. Möglich ist, dass die Verhältnisse in Deutschland und die Situation um Kaiser Otto IV. im Jahre 1212 als Ursache dafür anzusehen sind. Nach einem Abstecher nach Limassol im Süden des Landes und zum Kloster Stavrovouni auf dem Berg des heiligen Kreuzes bemühte man sich die Hafenstadt Famagusta, an der Ostküste gelegen, zu erreichen. Hier mußte man aber drei Wochen warten, ehe es günstigen Wind gab, um nach Akkon zurück zu segeln. Im nächsten Teil sollen die Ereignisse des Jahres 1212 eingehend dargestellt werden.




Kaiser Barbarossas Sterbeort am Fluss Saleph bei Korykos (Beide Bilder wurden freundlicherweise von Manfred Hiebl, Sauerlach, zur Verfügung gestellt.)


Dieter Deubner Bad Langensalza 07.Februar 2005