Akkon - Kreuzfahrerhalle (Quelle: MDR / aus dem Film Hermann von Salza)





Der Deutsche Orden gewinnt immer größere Bedeutung
{1213 bis 1214}

Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - eines bedeutenden Langensalzaers - Teil 11

Wer als aufmerksamer Leser meine letzten drei Beiträge verfolgt hat, wird sicher etwas verwundert sein, dass es Hermann von Salza möglich war, seinen Orden, dem er erst seit kurzem als Hochmeister vorstand, über einen so langen Zeitraum sich mehr oder weniger selbst überlassen konnte. Dazu ist es wichtig, einiges über das Wesen der Ordensritter und den organisatorischen Aufbau des Deutschen Ordens zu wissen. Bei der Umwandlung des Deutschen Ordens 1198 in einen Ritterorden wurden für ihn die Regeln der Johanniter und der Templer maßgebend. Diese christlichen Ritterorden bestanden bereits seit Jahrzehnten und hatten sich Regeln und Gesetze gegeben, die vom Papst als dem Oberhaupt der damaligen Kirche bestätigt worden waren. Die Organisation des Deutschen Ordens mußte sich erst entwickeln und es gibt gerade aus den ersten Jahren des Bestehens nicht besonders viele Hinweise darauf. Was aber nachzuweisen ist, sind die Regeln, die der Deutsche Orden auf päpstlichen Befehl zu beachten hatte. So verfügte Papst Innozenz III. am 19. Februar 1199, dass die Brüder des Hospitals der Deutschen in Jerusalem die Regeln der Templer und Hospitaliter zu beachten hätten. Erst mit der Zeit wurden diese Regeln den eigenen Anforderungen besser angepasst. Es wurde zwischen Regeln, Gesetzen und Gewohnheiten unterschieden. Da in den nachfolgenden Jahrzehnten Regeln und Gesetze der Templer neben den eigenen Bestimmungen standen, wurde das alles "sehr dunkel und konfus". So kann man es im Prolog der Ordens-Regel des Deutschen Orden lesen, die etwa im Jahre 1251 veröffentlicht worden ist. Dieses Regelwerk umfasste 37 Regeln, 44 Gesetze und in 63 Kapiteln die Gewohnheiten. Hermann von Salza mußte sich jedenfalls noch nach den vom Papst 1199 befohlenen Regeln verhalten. Der Deutsche Orden hatte Anfang des 13. Jahrhunderts als Ritterorden die so genannte Provinzaufteilung. Da war als erstes das Deutschordenshaus, geleitet von einem Komtur, die Provinz, immer Ballei genannt, sie wurde vom Landkomtur geleitet, das Land, geleitet vom Landkomtur und der Gesamtorden, geleitet vom Hochmeister. Die oberste Instanz im Orden war jedoch das Generalkapitel, auch Großkapitel genannt, es war nach dem Vorbild der Templer organisiert. Das Kapitel hatte ausschließlich das Recht der Gesetzgebung für den ganzen Orden. Das sollte sich aber bei einem so weitläufig agierenden Orden als ein großer Nachteil für die zukünftige Entwicklung erweisen. Die ausführende Gewalt stand dem Hochmeister als dem Generaloberen zu; diesem sind Berater und Mitarbeiter an die Seite gestellt, den Großgebietern. Der nächste Berater des Hochmeister war der Großkomtur. Er stand zu Zeiten Hermann von Salzas dem Haupthaus von Akkon vor und vertrat den oft abwesenden Hochmeister. 1207/1208 ist ein Girardus und 1215 Drabode de Utinge als Großkomtur nachgewiesen. Dazu kam als weiterer Großgebieter der Marschall. Ihm unterstand der ganze militärische Bereich des Haupthauses. 1208 hieß der Marschall Heinrich und 1215 Ludwig von Horflegowe. In einem mir erst seit kurzem zur Verfügung stehenden Buch "Thüringische Forschungen" setzt Lutz Fenske den Namen "Horflegowe" mit "Hörselgau" gleich. So könnte der Ordensmarschall des Jahres 1215 Ludwig von "Hörselgau",ein Thüringer gewesen sein. Der Leiter des Hospitalwesens des Haupthauses wurde der Spitler genannt und der hieß zu Hermanns Zeiten Heinrich. Es war also vorgesorgt, dass Hermann von Salza neben seinen ureigensten Aufgaben als Hochmeister auch solche Reisen wie 1211/1212 unternehmen konnte. Diesen kurze Abriss der Organisation des noch jungen Deutschen Ordens habe ich dem Buch "Der Deutsche Orden im Werden, Wachsen und Wirken bis 1400" von Dr. P. Marian Tumler entnommen. Von den meisten Biographen Hermanns von Salza wird mit Recht darauf hingewiesen, dass bei allen seinen Aktivitäten Hermann von Salza immer zuerst die Belange des Ordens gesehen hat. Er hat seine Kontakte zu den geistlichen und weltlichen Würdenträgern seiner Zeit in großem Maße dazu genutzt, die Bedeutung des Deutschen Orden immer stärker werden zu lassen. Und viele dieser Würdenträger waren als Kreuzfahrer oder Pilger in Akkon Gäste "der Brüder vom Hospital der Deutschen in Jerusalem, das der heiligen Maria geweiht ist". In den 19 Jahren von 1190 bis 1209 sind etwa 17 Schenkungen an den Orden nachgewiesen. Von 1210 bis 1216, dem Beginn der engen Verbindung zu Friedrich II., sind in diesen nur 6 Jahren ebenfalls mindestens 17 Schenkungen urkundlich gemacht. In Österreich, Deutschland und Italien entsteht eine Niederlassung, ein Hospital nach dem anderen. Auch in Siebenbürgen entwickelte sich der Orden zufrieden stellend. 1213 erhielt er vom Bischof Wilhelm von Siebenbürgen eine Reihe von Privilegien und baute schon an einigen Schutzburgen. Dann ändert jedoch ein Ereignis die Situation des Ordens in Ungarn für die Zukunft entscheidend. Gertrud von Andechs, die Mutter der zukünftigen Landgräfin Elisabeth von Thüringen, und Gemahlin König Andreas II. von Ungarn, wurde am 28. September 1213 von ungarischen Adligen auf der Jagd ermordet. Sie hatte durch ihre engen verwandtschaftlichen Bande nach Deutschland entscheidend zum Einsatz des Deutschen Ordens beigetragen. Denn sie hatte als Königin die Macht, sich für die Ordensbrüder einzusetzen. Diese Stütze fehlte in der Zukunft. Über die Auswirkungen auf den Orden wird noch zu berichten sein. Im Heiligen Land herrschte in diesen Jahren noch Frieden. Das Königreich Jerusalem und das Königreich Kilikien verbündeten sich. Johann von Brienne, der König von Jerusalem heiratete die Tochter des Königs Leo II. von Kilikien. Hermann von Salza wird sicher unter den Hochzeitsgästen gewesen sein. Seine Reise nach Sis war ja noch in guter Erinnerung. In Deutschland bekamen die Anhänger der Staufer immer mehr Oberwasser. König Friedrich II., seit Dezember 1212 Deutscher König, sah im Deutschen Orden eine zukünftige Schutztruppe, wie es Niels von Holst in seinem Buch: " Der Deutsche Ritterorden und seine Bauten" zutreffend charakterisiert. Und so schenkte der König schon im Jahre 1213 dem Orden Kirchen und Hospitäler. In einer Urkunde vom 19. Oktober 1213 wurde dem Deutschen Orden die Kirche von Ober-Mörlen in Hessen geschenkt. Am 2. Juni 1214 übertrug Friedrich II. den Brüdern [des Deutschen Ordens] das Armenhospital zu Altenburg. Das Hospital war übrigens eine Gründung Friedrich Barbarossas, des Großvaters Friedrich II. Es findet sich aus dieser Zeit auch eine Urkunde über eine Schenkung in unserer Nachbarschaft. Albert Arnstadt schreibt in seine Abhandlung über die Schenken von Vargula: "1214 schenkte Kaiser Friedrich II. den Provinzialen und den Deutschordensbrüdern in Thüringen ein Gehölz oder Wäldchen, "Geher" genannt, (es ist dies der Nägelstedter Gern am Spittergrund) bei dem Dorfe Tambach, welches sein Gebieter, der Edle Rudolf, Schenk von Farila von ihm zur Lehen getragen und ihm aufgelassen hat". In dem Urkundenbuch der Deutschordensballei Thüringen wird diese Urkunde aber als Fälschung des Thüringer Landkomturs Eberhard Hoitz (1432/1474) bezeichnet. Auch in Franken entstanden mit Unterstützung Friedrich II. Kommenden, wie in Donauwörth. Der Orden ist aber auch schon wirtschaftlich so stark, dass er in besonders exponierten Gegenden selbst Ländereien aufkaufte. So erwarb er in dieser Zeit bei Dommitzsch, einem wichtigen Elbeübergang, eine Insel und einen Hof. Dommitzsch liegt nördlich von Torgau und gehörte damals zur Markgrafschaft Meißen. Der Markgraf Dietrich von Meißen war der Schwiegersohn des Landgrafen Hermann I. und mit ihm zusammen 1196 in Palästina. Und Hermann von Salza war dem Markgrafen Dietrich aus dieser Zeit sicher auch bekannt. Über die in diesem Beitrag behandelten Jahre 1213 und 1214 findet man bei Willy Cohn nur eine kurze Bemerkung: "In den nächsten Jahren ist eine Tätigkeit des Ordensmeisters nicht nachzuweisen. Alles spricht dafür, daß Hermann genug in Palästina zu tun hatte, um die Position des Ordens zu festigen." Und mit einem Satz von Adolf Koch möchte ich diesen Teil beschließen: "Es scheint, dass die Angelegenheiten des Ordens Hermann von Salza in den nächsten Jahren nach seiner Armenischen Reise im Oriente zurückgehalten haben." Und so wird im nächsten Teil sicher wieder einiges Interessante aus der Zeit des Hochmeisters Hermann von Salza zu berichten sein.




Hermann von Salza - Detail vom Denkmal in Marienburg (Quelle MDR / aus dem Film)


Dieter Deubner Bad Langensalza 31.März 2005