Die Burg von Sa`rospatak bei Eger in Nordost-Ungarn ( aus "Ungarn" )





Hochmeister des Deutschen Ritterordens
{1211}

Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - eines bedeutenden Langensalzaers - Teil 7

Der Deutsche Orden hatte sich in den zwanzig Jahren seit der Errichtung des Feldspitals aus Schiffssegeln durch Bürger aus Bremen und Lübeck vor der Stadt Akkon zu einer in vielen Teilen Europas sehr geachteten Organisation entwickelt, wie man heute sagen würde. Der Orden erfreute sich hoher Wertschätzung und war mit dem Volke tief verwachsen. So bringt Dr. P. Marian Tumler die Entwicklung des Deutschen Ordens in seinem Buch "Der Deutsche Orden im Werden, Wachsen und Wirken bis 1400" auf den Punkt. Er steht damit zwar im Gegensatz zur Meinung Willy Cohns "wie klein und bescheiden der Orden war, als Hermann von Salza Hoch-meister wurde". Die Ordensbrüder hatten sich aber bemüht, in den für sie wichtigsten Gebieten Europas und Vorderasiens zahlreiche Niederlassungen zu gründen. Viele geistliche und weltliche Fürsten schenkten dem Orden in dieser Zeit große Grundkomplexe, Kirchen, sogar besitzreiche Klöster. Doch auch einfache Menschen aus dem Volk machten Schenkungen, deren Motive meist "Mit Rücksicht auf die Kranken, in deren Pflege sich die Brüder abmühen" oder "Mit Rücksicht auf die Frömmigkeit der Brüder" oder " Um der Verdienste des Ordens teilhaftig zu werden" waren ( nach Tumler ). So ist es vielen Urkunden aus dieser Zeit zu entnehmen. Und so entstanden in Deutschland, Italien, Österreich, aber auch in Griechenland, Cypern und Armenien Kommenden mit oder ohne Hospitäler als Stützpunkte des Ordens. Besonders in der Hochmeisterzeit Hermann von Salzas stieg die Zahl dieser Gründungen erheblich an. Waren nach einer Aufstellung in dem Buch Marian Tumlers zwischen 1190 und 1210 insgesamt 18 Kommenden gegründet worden, entstanden von 1211 bei 1239 mindestens 63 neue Kommenden. So wird vom 14.Februar 1211 von mehreren Chronisten berichtet, dass durch Vermittlung des Patriarchen von Jerusalem, Albert, der Genuese Mart. Rozia sich mit Hermann von Salza, "magistrum hospitalis Alamannorum de Acon", über ein vom Deutschen Orden genutztes Haus einigt und von diesem dafür 60 Byzantiner erhält. Wenn man sich die Standorte der in dieser Zeit gegründeten Kommenden etwas genauer betrachtet, so waren neben Kommenden in den italienischen Küstenstädten besonders viele Kommenden in den Alpen entstanden. Dieses Gebirge stellte für die in das Heilige Land ziehenden Pilger und Kreuzritter ein sehr anstrengendes Hindernis dar. Deshalb waren diese Raststätten und Hospitäler besonders für die aus den Ländern nördlich der Alpen kommenden Reisenden sehr wichtig. Auf der Internetseite der Kommende Lengmoos am Ritten, sie ist wohl um 1211 gegründet worden, kann man lesen: "Seit es den alpenüberschreitenden Verkehr gibt, ist der Brennerpaß als niedrigster Alpenübergang der wichtigste Alpenübergang über den Alpenhauptkamm. Da im Mittelalter die Eisackschlucht nicht passierbar gewesen ist, mussten die Handelstreibenden, Pilger, Kreuzritter und sogar Kaiser den beschwerlichen Weg über den Ritten nehmen. Auf dem höchsten Punkt, dem St. Ullrichs Pass wurde ein Hospiz errichtet, welches eine Rastmöglichkeit für die Reisenden darstellte." In Thüringen machte sich im Frühjahr 1211 auch eine Reisegesellschaft auf einen nicht ganz so schwierigen Weg. Lassen wir uns von Hans Bentzien in seinem Buch "Elisabeth - Das irdische Leben einer Heiligen" davon berichten: "Noch nie war ein Frühjahr so heiß ersehnt worden wie das im Jahre 1211. Besonders in Thüringen hatte der lange, eiskalte Winter verheerende Schäden angerichtet. Die erbärmlich frierenden Menschen sehnten sich nach den ersten Sonnenstrahlen. Als der Schnee zu schmelzen begann, war das Ausmaß der Schäden offenbar. Obstbäume und Weinstöcke mußten abgeschlagen werden. Ein solcher Winter war für damalige Zeiten eine Naturkatastrophe mit lang nachwirkenden Folgen. ... Von dieser allgemeinen Stimmung wurde die Reisegesellschaft erfaßt, die sich von Eisenach aus auf den weiten Weg an die Donau machte. Sie hatte eine ehrenvolle und zugleich heikle Aufgabe. Bisher war nur die Absicht einer Verbindung zwischen Thüringen und Ungarn geäußert worden, jetzt mußte sie in Kraft treten, die Zeit war um. Erst mit dem Vollzug des Vertrages, der im geheimen ausgehandelt worden war, wurde er öffentlich und damit zu einer politischen Realität". Hermann von Salza war, wie bereits berichtet worden ist, 1207 oder Anfang 1208 mit Otto von Bodenlauben, dem Vetter der ungarischen Königin Gertrud nach Ungarn gereist, um mit der ungarischen Königsfamilie über eine mögliche Verbindung zwischen ihrer gerade erst geborenen Tochter Elisabeth und dem Sohn des Thüringer Landgrafen Hermann I. zu sprechen. Da seit etwa 1198 Landgraf Hermann I. einer Fürstenkoalition angehörte in der sich hauptsächlich seine engere Verwandtschaft zusammenfand, und die je nach Interessenlage einmal dem Welfenkönig Otto IV., oder dem Staufer Philipp von Schwaben huldigte, musste vieles geheim, oft auch geheimnisvoll verhandelt werden. Und so sind die Verhandlungen über eine Verbindung des ungarischen Königshauses mit der Landgrafschaft Thüringen sicher über diese verwandtschaftlichen Verbindungen geführt worden. Die Mutter des böhmischen Königs Ottokar I. war eine Tochter des Landgrafen Ludwig I. von Thüringen. Ottokar I. war in zweiter Ehe mit Konstanze, Schwester des Königs Andreas II. von Ungarn verheiratet. Hermann I. selbst war mit der Schwester des Herzog Ludwig I. von Bayern, Sophia verheiratet. Auch der Erzbischof von Magdeburg stammte aus einer thüringischen Grafenfamilie. Das sollen nur einige Beispiele für die engen Verbindungen zwischen den Fürstenhäusern dieser Zeit sein. Doch zurück zur Thüringer Reisegesellschaft. Albert Arnstadt, Mitglied des Reichstages und der Deutschen Nationalversammlung, schreibt in seinem Buch "Die Schenken von Vargula": "Rudolf und Walther [von Vargula] befanden sich 1211 in der Gesandtschaft, welche der Landgraf Hermann nach Ungarn sandte, um die vierjährige Tochter des Königs Andreas von Ungarn, Elisabeth, welche für den elfjährigen Prinzen Ludwig zur Gemahlin bestimmt war, nach der Wartburg zu holen". Und weiter heißt es: "Rothe berichtet darüber: Walther von Vargula, ein männiglicher und ein weiser Ritter, der edle Herr Rudolf von Vargula, Meinhard von Mölberg, 12 Ritter, Frauen und Jungfrauen, wohlgeschmückt mit 4 Wagen und 30 Mann zu Pferde, zogen nach Ungarn, das Kind Elisabeth im 4. Jahr zu holen. Im Gefolge befand sich Bertha, Gemahlin Egoloffs von Bendeleben. Es wird berichtet, daß die junge Braut in ein seidenes Gewand gewickelt und in einer silbernen Wiege gelegen habe. Man habe ihr eine silberne Badewanne und einen silbernen Becher nebst einer Ausstattung von 1000 Mark Silber mitgegeben." Von der Rückreise berichtet der Chronist Rothe: " Waren die Thüringer Boten mit vier Wagen ausgezogen, so kehrten sie nun mit dreizehn schwerbeladenen zurück." Die Frau des Königs Andreas II. von Ungarn, Gertrud aus dem Fürstenhause Andechs-Meran, war eine von starkem Ehrgeiz und Familiensinn geprägte Königin. Dietrich von Apolda, einer der ersten Biographen der Heiligen Elisabeth im 13. Jahrhundert, sagt von ihr: "Sie habe, von männlichem Geist erfüllt, selbst die Staatsgeschäfte geführt".(genialogie-mittelalter.de.) Deshalb wird Gertrud von Ungarn ihrem Andreas wohl schon 1207 empfohlen haben, mit Hermann von Salza über das Kumanien-Problem zu sprechen, das seit einigen Jahren zu einer ständigen Bedrohung des ungarischen Königreiches geworden war. So schreibt Hans Blank in seiner Broschüre "Hermann von Salza - ein großer Deutscher": "1211 rief der Ungarnkönig Andreas II. zur Sicherung und Kolonisierung der Donau- und Theisebenen den Deutschen Ritterorden in das Burzenland. Er sollte den Einfall der wilden Kumanen hindern, die im Kiskunsa`g zwischen Donau und Theis sich um diese Zeit begannen anzusiedeln." Die diesbezügliche Urkunde des ungarischen Königs wurde jedoch erst nach der Ankunft der Prinzessin Elisabeth in Thüringen, also nach Mai 1211 ausgeschrieben. So war eine der ersten gewichtigen Entscheidungen Hermann von Salzas in diesem Jahr, etliche seiner Ordensritter nach Ungarn zu schicken; genauer gesagt nach Siebenbürgen ins Burzenland. Dieter Zimmerling schreibt dazu in seinem Buch: "Der Deutsche Ritterorden" - "... und noch 1211 beorderte Hermann von Salza Ordensbrüder ins Burzenland, angeführt von Magister Theoderich [Dietrich]." Bei genauerem Betrachten der damaligen Situation muss man feststellen, dass vieles dabei überstürzt und wenig geordnet abgelaufen ist. Hermann von Salza musste in kürzester Zeit reagieren, von Akkon aus, und das bei den in dieser Zeit vorhandenen Verkehrsverhältnissen und Kommunikationsmöglichkeiten; eine nicht gerade leichte Aufgabe für ihn, und sicher Ursache auch für den später sehr ungünstigen Ausgang dieser Mission für den Orden. Welche weiteren Aufgaben das Jahr 1211 für Hermann von Salza noch bereit hielt, erfahren sie im nächsten Teil.




Die Wartburg bei Eisenach im Herbst 2004 (Foto: D.Deubner)


Dieter Deubner Bad Langensalza 16. November 2004