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Der livländische Schwertbrüderorden {1236}

Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - eines bedeutenden Langensalzaers - Teil 44

Im Jahr 1236 zeigte sich, dass Hermann von Salza durch die Doppelbelastung, Hochmeister des Deutschen Ordens und Berater und Diplomat des deutschen Kaisers, mehr als ihm lieb sein konnte, gefordert war. Auch wenn Helmuth Kluger in seinem Buch "Hochmeister Hermann von Salza und Kaiser Friedrich II." die Feststellung Willy Cohns: "aber wenn der Kaiser jetzt seinem Freunde Hermann von Salza zwei erprobte Staatsmänner zur Seite stellte, so deshalb, weil er wohl fürchtete, daß Hermann von Salza nachgeben könnte", als durch nichts bewiesen ablehnt, ist da schon ein Stück Wahrheit dran. Hermann war in den letzten Monaten etwas überfordert. Bisher waren seine diplomatischen Unternehmungen darauf ausgerichtet sowohl dem Kaiser als auch der Kirche zu dienen, zum Wohle des Reiches. Damit hatte er für seinen Orden viele Vorteile erreicht.

Ab 1235 kam aber eine neue Situation dazu. Durch die Entwicklung des Deutschen Ordens in Preussen ermutigt, wollte der livländische Schwertbrüderorden daran teilhaben. Das hatte Hermann von Salza, wie es scheint, möglichst vermeiden wollen. Deshalb hatte er 1235 von Mainz aus, ich berichtete darüber im Teil 41, die beiden Thüringer Komture, "bruder Ernfredt von Nawenborg compter zcu Aldenborgk und bruder Arnolt von Nawendorff compter zcu Nagelstete" zur Erkundung der dortigen Verhältnisse nach Livland geschickt. Die Zurückhaltung des Hochmeisters hatte vor allem eine wesentliche Ursache, es gab in Livland erbitterten Streit um die Zugehörigkeit von Estland. Diesen Landesteil beanspruchte der dänische König Waldemar II. für sich. Er hatte sich wegen dieser Angelegenheit auch an Papst Gregor IX. gewandt, mit dem er seit Jahren gute Kontakte hatte. Hermann von Salza kannte Waldemar wohl schon seit den neunziger Jahren vom Hof der Landgrafen. Die Mutter des Dänenkönigs war in zweiter Ehe mit Landgraf Ludwig III. von Thüringen verheiratet gewesen. Außerdem hatte der Kaiser Hermann in den Jahren 1223 und 1224 mit den Verhandlungen beauftragt, die sich nach der Gefangennahme Waldemars durch seinen Vasallen Heinrich von Schwerin notwendig machten. In der Zeit dieser Gefangenschaft hatte der Schwertbrüderorden sich der estnischen Gebiete bemächtigt, die Waldemar 1219 erobert hatte. Dass Hermann von Salza dieses Vorgehen des livländischen Ordens nicht guthieß, zeigt ein Auftrag des Papstes an seinen Legaten Wilhelm von Modena vom 22. März 1226, von dem es in den Regesten Imperii Nr. 7130 heißt: "Gregor IX. beauftragt seinen legaten W(ilhem), früher bischof von Modena, dem erzbischof von Lund die spiritualien in den von dem erzbischofe Andreas gegründeten bistümern Leal, Wirland und Reval zu restituiren, deren sich der Ritterorden in Livland während der gefangenschaft des dänischen königs bemächtigt hatte. …" Hermann war ja seit Ende November 1235 bis Anfang Februar 1236 beim Papst gewesen und der erste diesbezügliche Auftrag des Papstes war wohl schon vom 24. Dezember 1235. So schreibt es Marian Tumler in seinem Buch " Der Deutsche Orden" und in diesen Tagen war ja Hermann von Salza in Viterbo. Es gibt auch noch vom 10. April 1236 einen erneuten Auftrag an den Legaten, den Gregor beauftragt, den Streit zwischen dem König von Dänemark und den Schwertbrüdern um das Schloss Reval, welches von jenen [den Schwertbrüdern] an die Heiden verloren, von diesen [dem König von Dänemark] ihnen aber wieder entrissen worden war, in der Weise zu beenden, dass letztere es gegen Ersatz ihrer Kosten dem König zurückgeben. [RI Nr. 7139]. Warum Wilhelm von Modena für die gleiche Angelegenheit mehrere Male beauftragt wurde, zeigt jedoch die Wichtigkeit dieses Konfliktes.

Erst nach Ostern, nach dem 30. März 1235, hatten die Boten des Ordens von Livland aus, zusammen mit drei Schwertbrüdern die Rückreise nach Deutschland angetreten. Deshalb waren sie auch erst Ende Mai Anfang Juni in Marburg, wo man sie ja schon sehnlichst erwartet hatte. Hartmann von Heldrungen, der spätere Hochmeister, hat diese Situation sehr anschaulich in einem Bericht geschildert. Ich habe einige Passagen daraus versucht ins Hochdeutsche zu übersetzen.

Aus dem Bericht des Hartmann von Heldrungen: "Nach Ostern, als das Eis abging [auftaute], da fahren die zwei Komture zurück, nachdem sie sich das Land besehen hatten und die Meinung des Meisters und der Ordensbrüder von Livland gehört hatten. Der Meister schickte ihnen drei Ordensbrüder von Livland mit, der eine hieß Reimund und war ein kleiner [?] Mann und war Komtur zu Wenden, der andere hieß Bruder Johann der Seelige und war ein großer Mann …. Der dritte Bruder hieß Johann von Magdeburg. Diese waren mit unsern Brüdern gekommen, um über die Dinge mit unserem Meister zu reden." Nachdem den Ankömmlingen erklärt worden war, dass der Hochmeister Hermann schon wieder zum Kaiser gezogen sei, waren sie traurig. Ihnen wurde aber erklärt, dass der Hochmeister an seiner Stelle den Bruder Ludwig eingesetzt hatte, da gaben auch die Livländer ihre Botschaft, die sie von ihrem Meister und ihren Brüdern erhalten hatten. Dann bat man den Komtur von Altenburg um seine Meinung. Dieser äußerte sich sehr ablehnend zur Absicht der Schwertbrüder, sich dem Deutschen Orden anschließen zu wollen. Da sprach der Komtur von Nägelstedt, Arnold von Nauendorff: "Das ist war, was Bruder Einfried sagt, aber darum wollen sie in unseren Orden, damit sie ihr Leben verbessern können und ich hoffe, dass sie sein lassen, was wider ihre Seele ist, wenn sie unser Leben gewahr werden …". Da man sich nicht einigen konnte, machte Hartmann von Heldrungen den Vorschlag, diese wie er sagte " solche grosse Dingk" an den Hochmeister und die weisen Brüder zu verweisen, was dann auch geschah. Dazu mussten die Livländer Schwertbrüder aber mit Konrad von Thüringen und Hartmann von Heldrungen nach Wien weiter reisen.

In der Zeit, in der diese Reise stattfand, spielte sich in Livland ein großes Drama ab, das die Situation um den Schwertbrüderorden dramatisch verändern sollte. Die "Fratres militie Christi" wie die Schwertbrüder genannt wurden, nutzten unter ihrem Großmeister Volquin im Frühherbst 1236 das Eintreffen größerer Kreuzfahrerscharen, um gegen die ständig unruhigen Samaiten, einen litauischen Volksstamm, zu ziehen. Zu spät musste man feststellen, dass das sumpfige Gelände und die Kriegsführung der Samaiten für die Kreuzfahrer sehr behindernd war, und so kam es am 22. September 1236 bei Saulen zu einer verheerenden Niederlage der Schwertbrüder und der Kreuzfahrer. Der Großmeister Volquin und 40 oder 48 Schwertbrüder fanden den Tod, wie Marian Tumler in seinem bereits erwähnten Buch berichtet. Tumler schreibt weiter: "Prälaten und Ritter, Bürger und Schwertbrüder glaubten das Land nur durch Anschluß an den Deutschen Orden retten zu können. Hermann von Salza hatte mit Meister Volquin schon länger über den Anschluß der Schwertbrüder verhandelt, sich aber nie entschieden. Als er die Nachricht vom Unglückstag zu Saulen erhielt, griff er entschlossen ein. Es war die letzte große Tat des alten Meisters."

Wenn man dem Augenzeugen Hartmann von Heldrungen Glauben schenken darf, trafen sich am Jahresende 1236 in Wien die Ordensgebietiger mit dem Hochmeister. Er berichtet darüber, dass die livländischen Boten den Bruder Johannes von Magdeburg da ließen, "das her dy antwort solde horen des homeysters." Neben dem Schwertbruder waren dann in Wien der Hochmeister Hermann von Salza, "bruder Conradt der Landgraff und ich [Hartmann] mit ym". An der Zusammenkunft nahmen weiter Ludwig von Öttingen, "der des meysters stat hylt", Ulrich von Durne und der Komtur von Würzburg, Bruder Wichmann teil. Es wurde beschlossen, dass der Hochmeister mit dem Schwertbruder Johann von Magdeburg und Ordensbruder Hartmann von Heldrungen nach Italien zum Papst reisen sollte. Und so stand Hermann von Salza doch noch ein Besuch beim Papst bevor, auch wenn es dem Kaiser sicher nicht recht gewesen ist.
Doch darüber und die weiteren Ereignisse des Jahres 1237 enthält der nächste Teil.

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Dieter Deubner Bad Langensalza, den 23. Mai 2008