Kathedrale von Troia aus dem 12. Jahrhundert - aus: www.paradoxplace.com





Die Katastrophe von Brindisi
{1227)

Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - eines bedeutenden Langensalzaers - Teil 22

"Als Landgraf Ludwig von Thüringen, der auch Fürst von Hessen und in Sachsen war, alle seine Angelegen-heiten gut geordnet hatte, reiste er wohlgemut und freudig aus seinen Ländern fort. Aus Liebe zu unserem Herrn Jesus Christus zog er in das fremde Land, um für dieses Verdienst einst in das himmlische Vater-land zu kommen. Friedfertig zog er durch Franken, Schwaben, Bayern, über die Alpen, durch die Lombardei und die Toskana, bis er nach Sizilien gelangte. Dort empfing ihn Kaiser Friedrich mit ungezähmter Freude in der Stadt Troja." So berichtet Dietrich von Apolda in seiner Biographie der Heiligen Elisabeth, die er 1289 in lateinischer Sprache wohl in Erfurt niederschrieb. Das von ihm erwähnte Treffen in der apulischen Stadt Troia (heutige Schreibweise) fand am 3. August 1227 statt. In den Regesten Imperii steht im Abschnitt "Friedrich II." unter Nr. 1700a: "1227 aug. 3 Troye - Zusammentreffen in inventione sti Stefanie mit dem landgrafen Ludwig von Thüringen, der am 24. iuni die fahrt von Schmalkalden aus angetreten hatte. Dreitägiger aufenthalt, dann gemeinsam nach Melfi." Da Hermann, wie bereits berichtet, ja noch Ende Juli die wichtigen Privilegien für den Orden von Gregor IX. in Rom erhielt, wird er die gut 300 Kilometer nach Troia bis zum 3. August nicht geschafft haben. Er wird auch erst Anfang August von Rom weggekommen sein, davon muss man ausgehen, wenn man sich die Zahl der Urkunden vor Augen führt, die Gregor IX. im August für den Deutschen Orden ausgestellt hat. Bei Strehlke findet man nach der schon erwähnten Bulle vom 28. Juli weitere 15 Urkunden, die Hermann im Juli mit dem Papst besprochen haben wird. Der Kaiser und der Landgraf zogen Anfang August von Melfi nach Brindisi. In den Ann. Reinhardsbr. werden als Durchreisestationen Barletta, Bari und Monopoli erwähnt. Auf diesem Weg nach Brindisi wird Hermann von Salza beide Fürsten erreicht haben, und mit ihnen am 16. August in der Hafenstadt eingetroffen sein. Hier hatte man sicher schon das große Chaos mitbekommen, das sich unter den Kreuzfahrern anbahnte. Deshalb wurde Kaiserin Isabella von ihrem Gatten erstmal nach Otranto gebracht. Dieser Ort liegt etwa 85 Kilometer südlich von Brindisi an der Adria. Am 24. August waren die Führer des Kreuzfahrerheeres wieder in Brindisi, um die Einschiffung zu organisieren. Zu dieser Zeit herrschte in Brindisi sehr schwüles Wetter. Bei den damaligen Verhältnissen blieb es nicht aus, dass unter den Massen von Menschen, es sollen etwa 40000 Kreuzfahrer gewesen sein, die sich in Brindisi versammelt hatten, Krankheiten ausbrachen, an denen viele starben. Unter ihnen war auch der Bischof Sifrid von Augsburg, der bereits am 23. August in Brindisi verstorben war. Dass Friedrich zu einer so ungünstigen Zeit zum Kreuzzug aufbrach, hatte verschiedene Gründe, die bei der Festlegung des Termins im Juli 1225 nicht vorherzusehen waren. Die Streitigkeiten mit dem Lombardenbund im Jahre 1226 beeinflussten die Vorbereitungen ganz entscheidend. Trotz all dieser Widrigkeiten war Kaiser Friedrich immer noch bereit ins Heilige Land zu ziehen. Er hatte aber auch vorgesorgt. Diplomatische Verhandlungen und Absprachen mit dem Sultan von Ägypten, el-Kamil ließen darauf hoffen, Jerusalem ohne Kampf zu befreien. Ernst W. Wies beschreibt in seinem Buch "Friedrich II. von Hohenstaufen" diese Tage: "Die Hafenstadt Brindisi, die als Ausgangspunkt für die Überfahrt ausersehen war, quoll von Kreuzfahrern über. ... Da geschah es, daß in der Sonnenglut, > die das Erz schmelzen ließ <, ein seuchenartiges Fieber ausbrach, tödlich für die dieser Sonnenglut ungewohnten Nordländer. Mehrere tausend Kämpfer waren schon unter der Führung des Herzogs von Limburg in die Schiffe gegangen, um der tödlichen Seuche zu entkommen. Am 8. September lichtete die kaiserliche Galeere die Anker und verließ Brindisi, an Bord den Kaiser und seinen Verwandten, Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, den Gatten der heiligen Elisabeth. Der Landgraf war schon von der Seuche befallen. So lief man den Hafen von Otranto an, wo der Landgraf verschied." Das war am 11. September 1227. Es war ein schicksalsschwerer Tag für das Kaiserreich und besonders für Thüringen. Landgraf Ludwig hatte zwar in seinem Sohn Hermann II. einen Nachfolger. Der war aber mit seinen 5 Jahren noch nicht mündig. Trotzdem erteilte der Kaiser wenige Tage nach dem Tod des Landgrafen diesem Hermann die Eventualbelehnung mit der Markgrafschaft Meissen. In den Regesten Imperii heißt es dazu: "Nr. 1710 1227 sept. 00 ap. Ydrontum [Friedrich II]. erteilt dem Hermann sohn des (am 11. sept. dahier) verstorbenen Ludwigs landgrafen von Thüringen und pfalzgrafen von Sachsen, in erinnerung der löblichen dienstleistungen seines vaters, die eventualbelehnung mit der markgrafschaft Meissen auf den tod des markgrafen Heinrich von Meissen, wenn dieser minderjährig sterben sollte." Die Zeugen unter dieser Urkunde waren: Gerold, der Patriarch von Jerusalem; die Erzbischöfe von Reggio und Bari; die Bischöfe von Melfi und Akkon, der Abt von Murbach, Bruder Hermann Deutschordensmeister sowie der Herzog von Spoleto. Den Kaiser muss der Tod des Landgrafen sehr berührt haben, hatte er ihn doch zum Befehlshaber der Kreuzfahrer erhoben. Da er selbst auch erkrankt war, sagte er seine Teilnahme an der Fahrt nach Akkon ab, um sich auf Anraten seiner Ärzte und auch Hermann von Salzas zur Heilung in den Kurort Pozzuoli zu begeben. Das Kommando über die noch verbliebenen Kreuzfahrer übertrug Friedrich dem Herzog von Limburg. Mit zwanzig Schiffen traten der Patriarch von Jerusalem, der Bischof von Akkon und Hermann von Salza die Überfahrt nach Palästina an. Das gesamte Konzept des Kreuzzuges war zwar aus den Fugen geraten, man wollte aber retten, was noch zu retten war. Friedrich hatte auch Boten zum Papst geschickt, um diesen von seiner Krankheit zu unterrichten. Für Gregor IX. war das jedoch die beste Gelegenheit, dem Kaiser seine Macht zu zeigen. Am 29. September 1227 sprach er den Bann über Friedrich aus. Es ist müßig zu fragen, ob das auch geschehen wäre, wenn Hermann von Salza einer der Boten des Kaisers gewesen wäre. Noch dazu hatte Friedrich 1225 von sich aus angeboten, sich bannen zu lassen, wenn er den Kreuzzug nicht pünktlich antreten würde, außer es würden von ihm nicht zu beeinflussende Gründe vorliegen. Mit diesem 11. September 1227 haben sich nachhaltig die Machtverhältnisse im Europa dieser Zeit verändert. Am 29. September 1227 bekam Elisabeth von Thüringen das dritte Kind, ihre Tochter Gertrud. Sie wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht vom Tod ihres Gemahls. Vom September 1227 gab es aber auch Angenehmes für die Ordensballei Thüringen zu berichten. Am 22. September schenkte König Heinrich (VII) auf einem Hoftag zu Wimpfen den Deutschordensbrüdern die Kirche St. Blasius zu Mühlhausen "mit dem patronat und allem zugehör". So steht es in den Regesten Imperii Nr. 4079. Mitte Oktober 1227 wurde das tragische Ereignis von Brindisi auch in Deutschland bekannt. Der Tod des Land-grafen, der Abbruch der Reise des Kaisers und seine Bannung des Kaisers durch den Papst verunsicherten das Land. Die Johanniter sahen plötzlich ihre Möglichkeiten, sich in Deutschland Vorteile gegenüber dem Deutschen Orden zu verschaffen. So wurden Ende Oktober und Anfang November dem Johanniterorden von König Heinrich Besitzungen bestätigt, die diesem Orden von Dienstmannen des Reichs oder Bürgern geschenkt oder verkauft wurden. Hermann von Salza war inzwischen über Zypern nach Akkon gekommen. Als er Mitte Oktober in Akkon landete, betrat er nach sieben Jahren Abwesenheit erstmals wieder palästinensischen Boden. Sicher wird er mit den Ordensoberen in Akkon zuerst die Lage besprochen haben. Wichtiger noch war, über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Aus einem Brief Gregors IX. an alle Gläubigen vom 23. Dezember 1227 wurde der Bericht bekannt, den er vom Patriarchen von Jerusalem auch im Namen der Meister der drei Ritterorden und weiterer Kirchenfürsten erhalten hatte. In den "Regesten Imperii" unter "Allgemeine und deutsche Reichssachen" steht mit Nr. 11000: "1227 (oct. 00) (Accon) G(erold), Patriarch von Jerusalem und päpstlicher legat, die erzbischöfe P(etrus) von Caesarea, N(icolaus) von Nazareth und P(etrus) von Narbonne, die bischöfe P(etrus) von Wincester und W(ilhelm) von Exter und die meister der drei ritterorden berichten, dass von den pilgern mehr als 40.000 auf die nachricht, dass der kaiser gegen sein versprechen nicht komme, heimgekehrt und etwa 800 ritter zurückgeblieben seien, über welche nach dem willen des kaisers der herzog von Limburg den oberbefehl führen sollte; dass man allseitig die vortheile und nachtheile eines bruchs des stillstands mit den Sarracenen erwägend, am 28. oct. beschlossen habe, nach Jerusalem zu ziehen, vorher Caesarea und Joppe zu befestigen und zu diesem zwecke am 2. nov. nach Caesarea zu marschieren." Die Beschäftigung der Kreuzfahrer war wichtig, die Befestigung strategischer Punkte war auch damals schon eine beliebte Einrichtung für die beschäftigungslosen Soldaten. Der vorgesehene Zug nach Jerusalem bedeutete den Bruch des bestehenden Waffenstillstands. Diese Entscheidung stand aber nur einem regierenden Kaiser oder König zu, und dieser war ja nicht mitgekommen. Deshalb konnte man die Entscheidung, erst einmal die Hafenstädte Caesarea und Jaffa zu befestigen als einen geschickten Schachzug ansehen. Willy Cohn sieht sogar in Hermann von Salza den Urheber dieses Vermittlungsvorschlages. Es finden sich dafür aber leider keine Quellen. Da am 11. November der Sultan von Damaskus el-Mu`azzam überraschend starb, änderte sich plötzlich die Situation in Palästina. Doch darüber wird im nächsten Teil berichtet.



"Erschaffung der Welt" Fußbodenmosaik in der Kathedrale von Otranto um 1165. - aus: www.itis.volta.alessandria.it


Dieter Deubner Bad Langensalza 13.Dezember 2005