Die Ordenskirche St. Georg in Nägelstedt aus dem 13. Jahrhundert. ( Foto D. Deubner )





Die Entwicklung des Deutschen Ordens in Thüringen
{1221 bis 1222)

Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - eines bedeutenden Langensalzaers - Teil 15

Im Jahre 1220 hatte der Deutsche Orden seine Besitzungen im Heiligen Land erheblich erweitern können. Waren es bis 1219 etwa sechs Niederlassungen, so kamen 1220 ca 19 Liegenschaften dazu. Sie resultierten vor allem aus dem Kauf der "Seignerie du comte Josselin", die Beatrix von Botenlauben von ihrem ersten Mann, dem Seneschall von Jerusalem geerbt hatte. Im Umkreis von etwa 40 km nördlich und 40 km östlich von Akkon hatte der Orden damit einen zusammenhängenden Landbesitz erworben, zu dem 45 zum Teil bedeutende und ertragreiche Landgüter gehörten. Das Geld dafür hatte Hermann von Salza für den Orden von Herzog Leopold VII. von Österreich als Stiftung erhalten - eine für damalige Verhältnisse bedeutende Summe von 7000 Mark Silber und 2000 Byzantinern. In der "Tabulae Ordinis Theutonici", einer Sammlung von 725 Urkunden aus dem 12. bis 15. Jahrhundert von Ernestus Strehlke, erstmals 1869 in Berlin herausgegeben, findet man zu diesem Ereignis drei höchst interessante Urkunden. In der Urkunde vom 30. Mai 1220 steht unter anderem: " 52. 1220 30 maii apud Accon civitatem. Otto, comes de Henneberg [Otto von Botenlauben], cum Beatrice uxore et Ottone filio hospitali s. Mariae domus Theutonicorum in Ierusalem vendunt omnem a Beatrice in Hierosoly-mitano regno possessam hereditatem." Im weiteren Text steht dann noch der Satz: " ... et suorum baronum ac fidelium Hermanno de Salza, magistro domus Theutonicorum, ... ". Leider steht mir noch keine deutsche Übersetzung zu Verfügung, aber das Buch ist jetzt Bad Langensalzaer Eigentum. Die beschriebene Schenkung wurde am 27. Oktober 1220 von Papst Honorius III. im Lateran dem Deutschen Orden offiziell bestätigt. In den Jahren 1221 und 1222 begann auch in Thüringen ein erheblicher Ausbau der Niederlassungen des Deutschen Ordens. Aus dem Oktober 1221 datieren einige Urkunden, in denen ein Vergleich zwischen dem Erzbischof von Mainz, Siegfried II. und den deutschen Brüdern über die Stellung der Geistlichkeit des Deutschen Orden in der Diözese Mainz geschlossen wird. Dem Mainzer Erzbischof ging es dabei um dem Deutschen Orden vom Papst gewährte Privilegien, die ihm nicht passten, und auf die der Deutschmeister Hermann Otter hiermit verzichtete. Hermann Otther war seit etwa 1218 der für die Belange der deutschen Balleien zuständige Ordensmeister. Unter den Zeugen finden sich Hugo, Ordenspriester von Zwätzen bei Jena, Cunradus, Komtur in Porstendorf bei Jena und Rudolf von Nägelstedt. Aus diesen Urkunden ist ersichtlich, dass der Deutsche Orden schon vor 1221 in diesen Orten ansässig war. Besonders Nägelstedt wird in den nächsten Monaten in einer Anzahl von Urkunden erwähnt. So verkauft das Marienstift zu Mainz am 26. Januar 1222 dem Deutschen Orden für 100 Mark kölnischer Denare ihre Liegenschaften zu Nägelstedt. Fast gleichzeitig überträgt der Abt von Oldisleben dem Deutschen Haus, so wurde der Deutsche Orden damals auch genannt, in Nägelstedt eine Hufe daselbst. In "Die Geschichte des Dorfes Nägelstedt" von Eckhard Lange, ist die Entwicklung der Ordenskommende Nägelstedt sehr anschaulich dargestellt. Außer in Nägelstedt sind auch in Gottern und Mühlhausen in dieser Zeit Ordensniederlassungen entstanden. Der speziellen Geschichte des Deutschen Ordens auf dem Gebiet des heutigen Unstrut-Hainich- Kreises wird ein eigener Teil gewidmet sein. Man kann sich auf die Urkundensammlungen des Mittelalters nicht immer verlassen. Neben ungenauer Angabe des Datums gibt es auch etliche Urkunden, die, besonders im 15. Jahrhundert, gefälscht wurden. So soll 1222 der Reichsministeriale, genannt der lange Elher von Dannheim bei Arnstadt von Friedrich II. Reichslehen erhalten haben. Diese Urkunde wurde als Fälschung des Landkomturs Eberhard Hoitz (1432/74) erkannt. Für den Ausstellort, Datierung und Zeugen hatte er ein echtes Diplom Friedrich II. für das Deutschhaus in Nägelstedt verwendet, für die Dispositio eine Schenkungsurkunde König Wenzels von Böhmen für das Deutschordenshaus in Altenburg von 1237. Doch wenden wir uns wieder Hermann von Salza zu. Ob er bereits im Spätherbst 1221 zum Kaiser nach Italien gereist ist, um persönlich über die jammervolle Niederlage der Kreuzfahrer in Ägypten zu berichten, ist nicht ganz sicher. Es gibt zwei Urkunden vom April 1222, die für seine Anwesenheit noch in Akkon sprechen. Sicher ist, dass er wohl mit König Johann von Jerusalem und dem Legat Pelagius zum 1. November 1222 zu einer von Kaiser Friedrich und Papst Honorius im April vereinbarten Besprechung in Italien eintraf. Ende November 1222 war er dann im Auftrag des Kaisers wieder beim Papst in Rom. Er überbrachte zusammen mit dem Bischof von Patti dem Papst ein Schreiben des Kaisers, worin sich der für die Übergriffe seines Truchsess Gunzelin auf die kirchlichen Rechte in Spoleto und der Mark Ancona entschuldigt. Gunzelin von Wolfenbüttel war zu dieser Zeit Legat in der Toscana. Er war schon unter Kaiser Otto IV. Reichstruchsess und hatte für ihn 1211 Mühlhausen erobert. Da der Papst der Entschuldigung des Kaiser nicht traute, und Hermann dies Friedrich übermitteln musste, schickte Friedrich Hermann Ende Dezember, aber zusammen mit Gunzelin wieder zum Papst nach Rom. Diesmal war die Reise erfolgreich, der Streit zwischen Papst und Kaiser war fürs erste beigelegt. In seinem Buch "Hermann von Salza" hat Andreas Lorck das Itinerar Hermanns "seit der Ankunft in Italien gestellt: von Brindisi nach Joha (Westküste von Calabrien) November, von Joha nach Rom Ende November, von Rom nach Precina December, von Precina nach Rom Ende December." So begann für die nächsten fünfzehn Jahre das "Reiseleben" Hermann von Salzas. Wenn man auf der Landkarte Italiens diese Reisen verfolgt, kommt man auf eine Strecke von ca 1210 km in diesen zwei Monaten. Nebenbei fallen in diese zwei Monate eine größere Anzahl päpstlicher Urkunden für den Deutschen Orden. Und auch der Kaiser zeigte sich dem Orden sehr gewogen. Hermann hatte dabei noch die Gelegenheit mit Kaiser und Papst eine auch für die Zukunft des Ordens wichtige Angelegenheit anzusprechen. Bei Adolf Waas "Geschichte der Kreuzzüge" liest sich das so: "Ihn [Friedrich II. ] versuchte man noch fester an die Sache des Heiligen Landes zu binden. Da er Witwer geworden war, faßte Honorius zusammen mit dem Hochmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza, den Plan, Friedrich mit der Erbin des Königreichs Jerusalem zu verheiraten. Zur Zeit war Johann von Brienne König, aber nur als Prinzgemahl seiner Gattin Maria von Jerusalem-Montferrat. Sie hatten eine Tochter Jolanthe oder Isabella, die nach dem im Heiligen Land gültigen Erbrecht zweifellos die allein berechtigte Erbin der Krone war. Sie zählte im Augenblick erst 11 Jahre, aber Friedrich konnte sich sehr wohl jetzt schon mit ihr verloben, und die Ehe konnte vollzogen werden, sobald die Prinzessin etwas älter geworden war. Darüber ist bei den Zusammenkünften von Hermann von Salza mit dem Papst und dem Kaiser im November und Dezember 1222 sicher gesprochen worden. Im März 1223 wurden daraus konkrete Abmachungen. Auch in Ungarn entwickelte sich der Einsatz der Ordensritter. Am 19. Dezember bestätigte der Papst dem Orden wunschgemäß die ihm vorliegenden Privilegien des ungarischen Königs Andreas bezüglich den Ordensbesitz im Burzenland und jenseits der Karpathen samt allen hier verliehenen Rechten. In Thüringen ging die Konsolidierung des Deutschen Ordens ebenfalls weiter. Im September 1222 hatte Landgraf Ludwig der Heilige alle Güter des Deutschen Ordens in seinen Landen in seinen Schutz genommen. Als Zeugen wurden unter anderen aufgeführt: Hermannus de Merkesleiben und Hartmannus de Helderungen. Dieser Hartmann von Heldrungen an der Unstrut wurde in den nächsten Jahren ein sehr enger Vertrauter Hermann von Salzas. Der Schutzbrief des Landgrafen gab den neu gegründeten Thüringer Ordensnieder-lassungen in Nägelstedt, Zwätzen, Porstendorf und Mühlhausen die Möglichkeiten sich rasch gesellschaftlich und wirtschaftlich zu entwickeln. Im nächsten Teil begleiten wir Hermann weiter auf seinen Reisen für Kaiser und Papst.




Altar der Ordenskirche St. Marien in Zwätzen bei Jena. ( Foto D. Deubner )


Dieter Deubner Bad Langensalza 21.Juli 2005