Marienbild, ein Kalksteinrelief der Mutter Maria mit dem Jesusknaben (Foto: Dieter Deubner)







Die Maria der Niederhöfe


Ausgewählte Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - Teil IX

Auf der Suche nach Zeitzeugen zum Leben Hermann von Salzas bin ich auf einige wenige Dinge gestoßen, die aus der Jugendzeit Hermanns stammen. Ein Kunstwerk hat mich dabei besonders angesprochen, zeigt es doch eine unmittelbare Beziehung zu seinem späteren Leben. Es gibt sicher in unserer schönen Stadt viele alte Zeugen ihrer Zeit. Aus dem 12. Jahrhundert haben aber nur ganz wenige die Stürme der Zeiten überdauert. Mit am ältesten dürften Fragmente der ehemaligen Liebfrauen- oder Marienkirche sein, die an und in der Gottesackerkirche zu finden sind. Diese Kirche wurde in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts aus den Steinen des Liebfrauenkirchturms als Friedhofskirche erbaut. Von der Liebfrauenkirche stammt noch das Spitzbogenportal des Eingangs zur Gruft auf der Westseite mit dem Totenkopf über dem Bogenscheitel. Die darüber befindliche Umschrift "TALIS ERIS" bedeutet: "so wirst auch du einst sein". In der Gottesackerkirche gibt es jedoch noch ein viel bedeutenderes Kleinod aus dieser Zeit. Ich möchte aber erst kurz auf die Geschichte der ehemaligen Liebfrauenkirche eingehen. Im Heft 1 der Schriftenreihe zur Geschichte und Kultur Bad Langensalzas aus den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts schreibt Gisela Münch: "Nachdem Ludwig der Springer den Bau der Wartburg vollendet hatte, widmete er sich … dem Bau des Klosters Reinhardsbrunn sowie um 1070 dem Bau der Marienkirche in den Niederhöfen. Diese Kirche besaß auch einen "Gottesacker", also eine eigene Begräbnisstätte". Im Evangelischen Gemeindeblatt für den Kirchenkreis Langensalza vom September 1928 wird die Geschichte der Liebfrauenkirche weiter geführt: "Die Liebfrauenkirche, auch S. Maria zur Kluft oder zum Ritzenstein (Rutschenstein) genannt, die älteste Kirche des Dorfes Salza, lag am nördlichsten Ende der jetzigen Stadtgärten, wo noch vor wenigen Jahren ein mit Mauer und Graben umgebener Wiesenfleck die Stelle bezeichnete, die "auf der Liebfrauenkirche" hieß. [Sie befand sich aus heutiger Sicht zwischen der FRIEDERIKEN THERME und der Rasenmühle, in der Nähe der Feldstraße.] Nach der ersten Zerstörung im Jahre 1075 muß sie wieder gebaut worden sein und diente noch 1539 zu gottesdienstlichem Gebrauch". Göschel schreibt zum Jahr 1075: "So entstand unweit von Salza am 11. Junii 1075 oder an dem Tage Primi und Feliciani, der heiligen Märtyrer, die große Feldschlacht welche mit einem schrecklichen Blutbade … sich endigte. … Daß Salza bei dieser Gelegenheit viel gelitten habe, wird ausdrücklich berichtet". Das geschah ein Jahrhundert vor Hermann von Salzas Geburt und war zu seiner Zeit sicher noch nicht vergessen. Die Einwohner von Salza und auch die Herren von Salza werden diese Kirche aufgesucht haben, denn sie war bis Ende des 12. Jahrhunderts wohl die einzige Kirche des Dorfes. Und sie werden in der Kirche vor der Mutter Maria gebetet haben. Diese Madonna wurde ebenfalls in die Gottesackerkirche übernommen. Sie wurde über der Stelle des Grundsteins in die Ostwand eingesetzt. Ein Hochrelief aus Kalkstein zeigt die gekrönte Mutter Maria mit dem Jesusknaben auf dem Arm. Das ist für mich das oben erwähnte Kleinod, das viele Bad Langensalzaer gar nicht kennen. Vielleicht hat diese "Mutter Gottes" Hermann von Salza die Kraft gegeben, seinen Orden, der sich "Brüder vom deutschen Hospital der Heiligen Maria in Jerusalem" nannte, während seiner Hochmeisterzeit zu einem bedeutenden und geachteten Ritterorden in Europa zu entwickeln. Beim Durcharbeiten weiterer Quellen für meine Fortsetzungsreihe "Beiträge zum Leben Hermann von Salzas" fiel mir bei Helmuth Kluger "Hochmeister Hermann von Salza und Kaiser Friedrich II." ein Hochmeister-Siegel Hermann von Salzas aus dem Jahre 1225 auf. Beim Vergleich mit der Maria aus der ehemaligen Liebfrauenkirche entdeckte ich eine erstaunliche Ähnlichkeit beider Darstellungen. Für mich ist das ein weiteres Indiz für die Zugehörigkeit des Hochmeisters Hermann von Salza zu den Herren von Salza aus Salza.



Hochmeistersiegel Hermann von Salzas vom November 1225 (Repro: Dieter Deubner)


Dieter Deubner

Bad Langensalza 1.Januar 2007